Ironie und Fragment. Frühromantische Figuren der zeitgenössischen Musik

Ironie und Fragment, das Ironisieren und Fragmentieren sind künstlerische Strategien, die für die zeitgenössischen Musik geradezu stilbildend sind: Sampling oder Collage, musique concrète oder offene Formen, fraktale Strukturen oder die Verweigerung des Tons – in all diesen Ansätzen wird, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise, das ambivalente Verhältnis von Fragment und Totalität reflektiert, die Spannung also zwischen dem Bruchstück und jener abwesenden Ganzheit, auf die es unweigerlich verweist. Das Forschungsprojekt will die philosophischen Voraussetzungen solcher künstlerischen Reflexionen freilegen: Welche ästhetischen Ideen, welche begrifflichen Probleme und welche gesellschaftlichen Erfahrungen bilden den Hintergrund dieser klingenden Bilder des Unvollständigen?
Die Verschränkung von Reflexion, Ironie und Fragmentierung, die für das zeitgenössische Tonkunst so zentral scheint, bildet aber bereits das Kernstück der frühromantischen Kunstphilosophie, wie man sie etwa bei Friedrich Schlegel findet. Die poetische Einbildungskraft galt den Frühromantikern als Vermögen, ironische Bilder hervorzubringen, negative Darstellungen des Absoluten, welche das vollendete Ganze zum Vorschein bringen, gerade indem sie es verneinen, zerstückeln, zerbrechen. Es drängt sich daher auf, das Fragmentarische in der Gegenwartsmusik in diesen Horizont zu stellen: Die philosophische Rekonstruktion der Kunstphilosophie der Frühromantik und deren Aneignung und Umdeutung in Kritischer Theorie, Dekonstruktion und Postmoderne wird es so erlauben, eine Philosophie des musikalischen Fragments zu entwickeln.